Schwarze Sonne

AUSZUG (Anfang)

AUFBLENDE

01. PARK -----------------------------------------------------------------A / T

PARALLELMONTAGE PARKWIESE / S-BAHNUNTERFÜHRUNG:

AUF DER PARKWIESE: schwebt eine Frisbeescheibe glitzernd durch die
Strahlen der tief stehenden Sonne.

AM AUSGANG/EINGANG ZUR S-BAHNUNTERFÜHRUNG: So, dass er die
Szenerie auf der Parkwiese beobachten kann, steht der Straßenmusiker
CLEMENS (Mitte 30) am Eingang der Unterführung. Wir sehen jedoch vor
allem seine Hände, wie sie über das Griffbrett seiner Akustikgitarre wandern.
Er spielt einen melancholischen Flamenco, der vom Tempo langsam anzieht
und die Szene, die sich hinter der Unterführung im Park abspielt, musikalisch begeleitet.

PARKWIESE: Ein schöner Frühlingsmorgen. Es ist noch nicht viel los im Park.
Die Frisbeescheibe schwebt langsam durch die Luft auf einen Jungen, TOBI
(14 Jahre), zu. Er trabt ein paar Schritte nach hinten, langsam senkt sich die
Scheibe, und geschmeidig springt der Junge nun aus dem Rückwärtslauf ab,
um sich die Frisbee lässig aus der Luft zu pflücken. Die Füße wieder auf dem
Boden, sieht Tobi verstohlen zu der DUNKELHAARIGEN SCHÖNHEIT (Maria Santana,
Mitte 20, mit Pagenschnitt á la Amelie), die die Wiese weiter runter,
zum Fluss hin in der Sonne badet. Doch sie nimmt keinerlei Notiz von ihm.

S-BAHNUNTERFÜHRUNG: Clemens’ Hände wandern geschmeidig über die Saiten
der Gitarre.

PARKWIESE: Mit Tobi blicken wir uns im Park um: Oberhalb der Wiese schiebt
eine ZIERLICHE HELLBLONDE FRAU (Kiesling – noch nicht zu erkennen!) langsam in
ein Buch vertieft einen großen Kinderwagen durch den Park. Auf dem selben Weg
sitzt ein MANN (Luca Rote – noch nicht zu erkennen!) in einem schicken dunklen
Jackett auf einer der Bänke zwischen den Bäumen am Wegrand. Auf seinen
Oberschenkeln ist ein Laptop aufgeklappt, in das er in Gedanken versunken tippt.
Die Promenadeam Fluss entlang trottet ein UNTERSETZTER MANN (HAJO, 40, ein
Bewohner desBehindertenheims), den Kopf auf den Boden gerichtet, wie ein kleines
Kind den Weg entlang, biegt nun auf die Wiese, bleibt einen Moment vor der
Sonnenbadenden stehen (fragt sie nach einer Zigarette) und trottet weiter, die
Wiese herauf, zwischen Tobi und MALTE (14 Jahre, Kumpel und Frisbeespielpartner
von Tobi) durch, und zielstrebig auf den Mann auf der Bank zu, der sich gerade
eine Zigarette ansteckt.

S-BAHNUNTERFÜHRUNG: Clemens’ Hände wandern über die Gitarrensaiten, er
zieht plötzlich das Tempi an.

PARKWIESE: Tobi schleudert die Scheibe zurück und sieht wieder zu der
Sonnenbadenden: Sie hat dichtes schwarzes Haar, lange dunkelbraune Glieder,
die in türkisfarbener Unterwäsche stecken (von weitem könnte es auch ein
Badeanzug sein). Ihr Anblick erregt den vierzehnjährigen Jungen.

S-BAHNUNTERFÜHRUNG: Clemens’ Hände fliegen über die Gitarrensaiten.

PARKWIESE: Die Frisbee segelt auf Malte zu, der nun wie ein Torero der
Scheibe im letzten Moment ausweicht, sie packt und mit einer Drehung um die
eigene Achse gleich wieder zurückschleudert – der Wurf misslingt: Die Frisbee
segelt in einem Bogen an Tobi vorbei und genau auf die Schöne am Ufer zu.
Tobi setzt seinen schlaksigen Glieder in Bewegung, rennt der Scheibe hinterher.
Doch die Frisbee senkt sich bereits, streift langsam übers Gras, um dann,
ganz sanft, genau auf dem ausgestreckten Arm der Sonnebandenden zu landen.
In dem Moment hat Tobi die Scheibe eingeholt.

TOBI
(außer Atem zu der Frau)
Entschuldigung.
Die Frau reagiert nicht. Sie liegt so reglos da, wie die Frisbee auf ihrem Arm.

S-BAHNUNTERFÜHRUNG: Clemens’ Hände wandern über die Gitarrensaiten,
sein Spiel wird wieder ruhig, begleitet die sehnsüchtigen Blicke des Jungen
sanft und verführerisch...

PARKWIESE: Tobi betracht die Sonnenbadende zu seinen Füßen: Sie liegt dort
einfach so im Gras. Ihre Augen sind von einer schwarzen Sonnenbrille bedeckt.
Ihr Mund ist leicht geöffnet. Sie hat volle dunkelrote Lippen, deren Mundwinkeln
einen kleinen Schlenker nach oben machen. Ihr Haaransatz ist tief, wächst fast
mit den dichten schwarzen Augenbrauen zusammen. Es handelt sich um eine Frau
mit indianischen Wurzeln. Die Augen des Jungen wandern ihren schlanken Hals
herab, über ihre dunkle, fast bronzenfarbene Haut, die Träger ihrer Unterwäsche
entlang, über den glitzernden türkisfarbenen Stoff, über die sanfte Wölbung ihres
Busens, den Slip, der sich über ihre Scham spannt – ihre langen bronzefarbenen
Schenkel freigibt.

S-BAHNUNTERFÜHRUNG: Clemens’ Hände gleiten beinah zärtlich über die
Gitarrensaiten, sein Spiel dringt direkt an Tobis Ohr...

PARKWIESE: Tobi steht da wie angewurzelt, blickt auf die Frau...
MALTE
Was geht?
Malte steht plötzlich grinsend neben Tobi, reißt seinen Kumpel aus dessen
Betrachtung. Tobi zuckt mit den Schultern.
TOBI
Ich glaube, sie schläft.
MALTE
(beugt sich zu ihr runter)
Entschuldigen Sie.
Malte greift nach der Frisbee auf ihrem Arm. Die Frau zeigt noch immer keine
Reaktion. Er kommt wieder hoch. Die Jungs sehen sich unsicher an. Malte beugt
sich erneut zu der Frau runter, wischt mit einer Hand vor ihren Augen.
MALTE
Hallo...? Hallo!
Die Frau reagiert immer noch nicht.

S-BAHNUNTERFÜHRUNG: Clemens’ Hände wandern über die Gitarrensaiten,
sein Spiel wird dramatischer, immer bedrohlicher...

PARKWIESE: Malte sieht ratlos zu Tobi, der inzwischen langsam um die Frau
herum geschlichen ist, vor ihren Füßen steht und angeekelt zwischen ihre Beine
starrt: Ihr Schlüpfer ist blutig.
TOBI
Sie blutet...
Im selben Moment fasst Malte nach der Sonnenbrille der Frau, hebt sie vorsichtig
von ihrer Nase. Entsetzt starren die Jungs in ihre reglosen dunkelbraunen Augen.
Ein aufgescheuchter Käfer krabbelt aus ihrem rechten Nasenloch. Tobis Magen
krampft sich zusammen. Malte schreit.

S-BAHNUNTERFÜHRUNG: Im selben Moment reißt eine Saite auf Clemens’ Gitarre.


02. WOHNUNG FRANK ----------------------------------------------------I / T
Wie von dem Schrei geweckt, schreckt Kommissar CARL BANUSCHA (Anfang 40)
aus dem Schlaf. Eine Haarsträhne klebt feucht auf seiner Stirn, er wischt sie
nach hinten. Seine Gesichtshälfte, auf der er gelegen hat, ist nass geschwitzt.
Er streicht mit seinen Fingern wie mit einem Kamm durch das kurze nasse Haar
an den Seiten, wischt den Schweiß in den Nacken, betrachtet seine
schweißglänzenden Fingerkuppen. Benommen sieht sich Banuscha in Franks
großem hellen WOHNZIMMER um. Er liegt dort unter einer braunen Wolldecke auf
der Couch – nackt, wie er jetzt sieht, als er die Decke zurückschlägt. Mühsam
richtet er sich auf, starrt benommen auf den Beistelltisch, auf dem eine leere
Weinflasche steht, ein leeres Rotweinglas. Dort liegt auch sein Portemonnaie
aufgeschlagen, mit dem Foto einer attraktiven indianischen Schönheit (seine Frau Anna).
Er betrachtet das Foto wehmütig, streicht liebevoll mit dem Finger darüber, murmelt.
BANUSCHA
Anna...
Plötzlich durchzuckt ihn ein Schmerz.

FLASHBACK:

03. WOHNUNG BANUSCHA -----------------------------------------------I / T
Vor zwei Wochen, morgens. Fertig angezogen steht Banuscha mit einer gepackten
Tasche traurig und ernst dreinblickend in der KÜCHE vor ANNA (35, sie sieht aus
wie eine reife, ältere Ausgabe der Toten, Maria Santana, ist aber vom Stil und
mit ihren langen Haaren nicht als diese zu erkennen), die noch im Nachthemd ist.
BANUSCHA
Ich werde eine Weile zu Frank ziehen.
Anna nickt, mit Tränen in den Augen – doch sie hält ihn nicht zurück.



04. WOHNUNG FRANK ----------------------------------------------------I / T
Banuscha sitzt mit einem Klos im Hals da, atmet tief durch, blickt zu der Schachtel
Zigaretten vor ihm auf dem Beistelltisch, greift danach, steckt sich eine an,
inhaliert tief und bekommt einen fürchterlichen Hustenanfall – als ob er noch nie
oder seit langem keine mehr geraucht hätte. Hustend drückt er die Zigarette aus,
steht auf und wankt ins...

...BAD. Dort betrachtet Banuscha sein Gesicht im Spiegel, irgend etwas irritiert
ihn, er beugt sich näher an den Spiegel, seine Nase ist geschwollen. Er will gerade
daran fassen, als plötzlich eine Tür zuschlägt. Der Kommissar wendet sein Gesicht
vom Spiegel ab, tritt aus dem Bad, ruft in den FLUR:
BANUSCHA
Anna?
Keine Reaktion. Er läuft zurück ins WOHNZIMMER. Die Balkontür steht offen.
Banuscha tritt hinaus.

05. WHG. FRANK / BALKON / KRAUSNICKSTRASSE ------------------------A / T
Banuscha blickt nach gegenüber zum NACHBARHAUS auf der Ecke in der Krausnick
Straße 11: Dort ist vis à vis die Silhouette eines MANNES (Luca Rote – noch nicht
zu erkennen!) zu erkennen, der am Schreibtisch vor einen aufgeklappten Laptop
sitzt und in Gedanken versunken tippt. Da fängt Banuschas Handy auf dem
Beistelltisch im Wohnzimmer an zu plärren: „Novocaine for the Soul“ von den „Eels“.

FLASHBACK:

06. WOHNUNG BANUSCHA -----------------------------------------------I / T
Vor vier Wochen. Banuscha und Anna sitzen schweigend beim Abendessen im
WOHNZIMMER, als Banuschas Handy anfängt, „Novocaine for the Soul“ von den
„Eels“ auf dem Beistelltisch vor der Sitzcouch zu plärren. Anna verzieht fragend
das Gesicht.
ANNA
(leichter Akzent)
Ist das Eels?
BANUSCHA
„Novocaine fort the Soul“.
Banuscha steht auf und geht zu seinem Handy, bevor er rangeht, sieht er lächelnd
zu Anna.
BANUSCHA
Unsere Hymne vor zehn Jahren. – Hab ich mir heute
aus dem Internet geladen.
Doch Anna verzieht nur weiter das Gesicht. Er geht schließlich ran.


07. WOHNUNG FRANK ----------------------------------------------------I / T

Banuscha greift im WOHNZIMMER nach dem bimmelnden Handy auf dem Tisch.
BANUSCHA
Hallo?
STIMME ZORA
Carl? Zora hier. – Wie geht’s dir?
BANUSCHA
Bestens.
Nachdenklich blickt Banuscha nach gegenüber zu seinem tippenden Nachbar...
STIMME ZORA
Ich weiß, du hast diese Woche noch Urlaub, aber Timo ist
krank, und wir haben da eine Frauenleiche im Park...
BANUSCHA
(nickt)
Wo?
08. PARK ---------------------------------------------------------------A / T
Von der Sonne geblendet tritt Banuscha geduscht und in einem gut sitzenden
Anzug,aber immer noch leicht benommen wirkend aus der S-Bahnunterführung.
Zum Schutz gegen die Sonne hält er sich eine Hand an die Stirn und blickt
sich um:

Auf dem abgesperrten Wiesenstück links von ihm suchen DIE SPURENSICHER in
ihren weißen Overalls das Parkgelände ab. Inmitten des Treibens steht etwas
verloren der bullige Gerichtsmediziner GERD MINNACK (Ende 50). Die Fäuste
in die breiten Hüften gestemmt, ist sein kahler runder Schädel nachdenklich
zu Boden gerichtet. Eine Hand an der Stirn bahnt Banuscha sich einen Weg durch
die Absperrung, grüßt im Vorbeigehen die Kollegen von der Spurensicherung,
bis er bei Minack angelangt ist, der sich nachdenklich über seine Glatze
streichend immer noch auf das Stück Wiese vor seinen Füßen starrt, auf dem
vier kleine schwarze Spurentafeln mit den weißen Ziffern: 1, 2, 3 und 4 stehen.
Ohne aufzusehen murmelt Minack:
MINACK
Dachte, du bist noch beurlaubt.
BANUSCHA
(wischt sich Schweiß von der Stirn)
Dann wäre ich ja wohl kaum hier.
Minack sieht Banuscha an – seine Augen wandern dabei nervös hin und her.
MINACK
Tut mir leid mit Anna. – Ich hoffe, das renkt sich wieder ein.
Banuscha zuckt schweigend mit den Schultern. Minacks Augen wandern nervös
hin und her.
MINACK
Wenn du mit irgendjemand darüber sprechen möchtest.
BANUSCHA
Ich komm schon klar.
MINACK
Du weißt, du kannst mich jederzeit anrufen.
Banuscha nickt, dann wischt er sich erneut mit dem Handrücken Schweiß von
der Stirn, deutet auf das Stück Wiese mit den Spurentafeln vor Minack.
BANUSCHA
Ist die Leiche schon weg?
MINACK
Es gibt keine Leiche.
Die beiden Männer sehen sich an.
BANUSCHA
Und was machen wir dann hier?
MINACK
Hier soll sie gelegen haben.
(zeigt auf die Spurentafel Nr. 1)
Da haben wir auf alle Fälle etwas Blut gefunden. Vermischt
mit Sekret.
BANUSCHA
Sekret?
MINACK
Von ihrer Vagina, möglicherweise auch Sperma.
Banuscha geht in die Hocke und betrachtet die Stelle. Das Gras drum herum ist
platt gelegen. An ein paar Halmen neben dem schwarzen Täfelchen sieht er
getrocknetes Blut kleben. Plötzlich steigt dem Kommissar ein vertrauter Geruch
in der Nase. Er beugt sich dicht mit der Nase über den Boden und schnupperte über dem Gras.
BANUSCHA
Chanel No. 5...
Minack sieht den Kommissar fragend an. Der steht wieder auf.
BANUSCHA
Anna hat das früher benutzt – als wir uns kennen lernten...
Minack betrachtet Banuscha, dabei wandern seine Augen unruhig hin und her, bis
sie plötzlich stehen bleiben und unterhalb von Banuschas Augen einen Punkt fixieren.
MINACK
Was ist mit deiner Nase passiert?
BANUSCHA
(fasst sich vorsichtig an die Nase)
Was?
Minack machte einen Schritt auf ihn zu, um Banuschas Nase besser betrachten
zu können.
MINACK
Nimm mal die Pfoten weg.
Er streckt einen Arm aus und tippt mit den Zeigefinger gezielt auf einen Punkt.
Banuscha schreit vor Schmerzen auf und fasst sich an die Nase.
BANUSCHA
Spinnst du?!
MINACK
Gebrochen. Mich wundert, dass du überhaupt etwas
riechst. – Biste irgendwo gegen gelaufen?
Minack sieht ihn fragend an, Banuscha weicht seinem Blick aus, sieht sich unwohl
im Park um, sieht aus dem Augenwinkel ANKE KIESLING (Anfang 30) auf sie zusteuern.
BANUSCHA
Beim Duschen gestoßen.
(grinst)
Hab gar nicht gemerkt, dass es so schlimm ist...
Plötzlich dreht sich Banuscha um die eigene Achse, hebt theatralisch die Arme.
BANUSCHA
Wo zum Kuckuck soll die Frau denn hin sein? Am
helllichten Tag! Mitten im Park!
Banuscha sieht Minack mit großen Augen an. Der reibt sich ratlos die Glatze.
KIESLING
Hallo, Carl.
Kiesling, seine hellblonde Assistentin, ist zu ihnen getreten. Gespielt
überrascht dreht sich Banuscha zu ihr, als ob er sie noch gar nicht bemerkt
hätte. Sie steht genau vor der Sonne, sodass er sich die Hand an die Stirn halten
muss. Ihre großen blauen Augen mustern ihn forsch.
KIESLING
Schön, dass Sie wieder da sind!
Banuschas Augen wandern kurz über Kieslings Körper, dann zeigt er auf den Beutel
in ihr ihrer Hand.
BANUSCHA
Was ist das?
Sie hebt den Beutel hoch: Eine schwarze Sonnenbrille steckt darin.
KIESLING
(lächelt keck)
Eine Sonnenbrille.
Banuscha betrachtet Kieslings kleinen süßen Mund, die feinen Äderchen die unter
ihrer blassen, fast weißen Haut durchschimmern...

FLASHBACK (Fortführung von Traumsequenz / Bild XX):

09. WOHNUNG KIESLING -----------------------------------------------I / N

Im SCHLAFZIMMER: Banuscha kommt gerade zwischen den Beinen der sich
orgiastischen auf dem Bett windenden Kiesling, steckt seinen Kopf zwischen
ihre großen weißen Brüste, hält sich daran fest, leckt daran, während Kiesling
sich unter ihm windet.



10. PARK ----------------------------------------------------------------A / T

Kiesling steht immer noch süß lächelnd vor Banuscha, der sich nun erschrocken schüttelt.
BANUSCHA
(schroff)
Das seh ich auch.
KIESLING
(zuckt zusammen, zeigt auf die Spurentafel Nr. 3)
Die Brille lag dort. Sie gehörte der Frau.
BANUSCHA
(lächelt)
Dem verschwundenen Leichnam?
KIESLING
(nickt, nunmehr ernst)
Die beiden Jungs haben sie ihr abgenommen. Als sie
nachsehen wollten, ob sie noch lebt.
Kiesling blickte in Richtung der beiden schlaksigen Teenager (Malte, Tobi), die
nervös dreinschauend bei einem Mannschaftswagen an der Uferpromenade stehen.
KIESLING
Sie haben sie beim Frisbeespielen entdeckt. Sie sind
darauf in Panik weggerannt und haben von zu Hause die
Polizei alarmiert. Als sie den Kollegen den Fundort
zeigen wollten, war die Leiche bereits verschwunden.
Banuscha nickt stumm, blickt zu Spurentafel Nr. 2.
BANUSCHA
Und was war dort?
MINACK
Ein Zigarettenstummel. Ist bereits auf den Weg ins
Labor, zusammen mit den Blut- und Sekretspuren.
Banuscha zeigt auf die Spurentafel Nummer 4, die ein paar Schritte weiter neben
einer milchigen Lache platziert ist.
BANUSCHA
Und das da drüben?
MINACK
Cornflakes. Noch ziemlich frisch. Von einem der Jungs.
Der Kommissar verzieht leicht angewidert das Gesicht, dann wendet er sich wieder
seiner Assistentin zu.
BANUSCHA
Können die Jungs sie beschreiben?
Kiesling nickt und holt einen Notizblock aus ihrer Tasche, schlägt ihn auf.
KIESLING
Die Frau war cirka Anfang bis Ende 20, trug türkisfarbene
Unterwäsche. Sie hatte dunkle Haut. Schwarzes dichtes Haar,
dunkle volle Lippen, einen tiefen Haaransatz.
(blickt auf)
Sie soll ‚indianisch’ ausgesehen haben.
BANUSCHA
Indianisch...?
Er sieht zu Minack, doch der blickt ungerührt. Banuscha blickt zu der Stelle
im Gras und zuckt zusammen.

DÉJÀ-VU aus Bild XX:

11. PARK -------------------------------------------------------------A / N

Banuscha sieht Anna dort reglos mit verdrehten Gliedmaßen liegen, das lange
schwarze Haar klebt verfilzt über ihrem blutverschmiertem Gesicht.


12. PARK --------------------------------------------------------------A / T

Banuscha schüttelt sich – auf der Wiese liegt niemand. Er sieht zu Kiesling.
BANUSCHA
Anzeichen von äußerer Gewalt?
KIESLING
Einer der Jungs hat ausgesagt, sie hat geblutet zwischen
den Beinen.
BANUSCHA
(grinst dämlich)
Das heißt aber noch nicht, dass sie tot war.
KIESLING
(humorlos)
Nein.
BANUSCHA
(zu Minack)
Wurde die Bodentemperatur gemessen?
MINACK
Kein Unterschied. Spricht dafür, dass sie dort bereits
eine ganze Weile lag. Also, tot.
BANUSCHA
Wenn sie dort gelegen hat.
KIESLING
Ich glaube nicht, dass...
BANUSCHA
(unterbricht lächelnd)
Ich will mir selber ein Bild machen.
Damit macht sich der Kommissar auf den Weg über die Wiese zum
Mannschaftswagen. Nach einem kurzen Zögern folgt Kiesling ihm.

Bruchteil einer Sekunde